Fakten und Behauptungen zur Umgestaltung des Werre-Wehres am Bergertor
Eine Schaffung der Durchlässigkeit und Renaturierung der Werre ist auch ohne Absenkung möglich.
Dies stimmt so nicht. Die Durchlässigkeit lässt sich zwar auch bei Beibehaltung des Wasserstands erreichen (allerdings zu deutlich höheren Kosten und einem erhöhten Flächenverbrauch), jedoch ist diese nur ein Teil der Renaturierung. Zu einer Renaturierung gehört auch, wieder möglichst natürliche Fließgeschwindigkeiten zu erreichen. Durch einen Aufstau des Gewässers wird die Fließgeschwindigkeit gesenkt. Dies führt zu einer Temperaturerhöhung des Wassers und dadurch zu einer Verringerung des Sauerstoffgehalts als physikalische Gesetzmäßigkeit. Weiterhin setzen sich feinere Schwebstoffe ab, was zu einer Verschlechterung des Flussbetts führt. Denn feine Lücken im Boden, dem Benthal, werden verschlammt und können so nicht mehr von den Lebewesen der Sandlückenfauna, dem Mesopsamnon, besiedelt werden. Weiterhin sinkt auch der Sauerstoffgehalt im Bodenbereich, da das Frischwasser nicht mehr so leicht in den Boden eindringen kann, sowie durch einen verstopften Kaffeefilter kaum noch Kaffee tropft.
Wenn die Fließgeschwindigkeit nicht erhöht wird, wird auch die Durchwanderung der Werre oberhalb des Wehres für Kleinlebewesen (Makroinvertebraten) und Fische erschwert.
Der BUND setzt sich daher für die Kompromissvariante 3a ein, bei der eine Teilabsenkung der Werre unter Berücksichtigung anderer Aspekte - wie mögliche Gebäudeschäden - erfolgt.
Die Absenkung bedeutet das Aus für das Drachenboot - Training des Herforder Kanu-Klubs.
Richtig ist, dass möglicherweise das Training auf der Werre nicht mehr möglich ist, aber über Möglichkeiten auch bei abgesenktem Wasserstand den Drachenbootsport weiter ausüben zu können, wurde bislang nicht nachgedacht. So könnte die Werre am Wendepunkt vertieft und verbreitert werden, um ein Wenden der Boote zu ermöglichen. Es ist nicht verständlich, warum der Kanu Klub nicht seine Drachenbootfahrten auf die Weser verlegen kann. Der Herforder Verein für Luftfahrt, den es schon seit 1912 gibt, übt z.B. seinen Sport in Oerlinghausen auf dem Segelflugplatz aus. Auch Tauchsportler, Skisportler und Kletterer können in Herford ihren Sport nicht ausüben.
Der BUND meint, dass es eine vernünftige und tragbare Alternative für den Kanu-Klub wäre, seine Drachenbootfahrten auf die Weser zu verlegen.
Der BUND hält es für unangemessen für die Ausübung des Sports einer kleinen Gruppe auf die Renaturierung der Werre und die wichtige Absenkung zu verzichten.
Die geschätzten Kosten liegen bei der Variante ohne Absenkung der Werre (3b) um ca. 0,9 Mio höher als bei der Variante 3a mit Absenkung.
Dies ist so richtig und wird von niemandem in Frage gestellt.
Vermutlich werden die Mehrkosten für den Steuerzahler aber noch deutlich höher liegen, wie diverse öffentliche Projekte (Hamburger Philharmonie, Berliner Flughafen, Stuttgart 21) zeigen.
Zudem wird bei der Variante 3b die Fördersumme des Landes - die sich nach der ökologischen Verbesserung richtet - deutlich geringer sein, möglicherweise sogar völlig entfallen. Also werden die Kosten für die Herforder wesentlich höher sein. Der BUND schätzt die Mehrkosten bei der Variante 3b für Herford vorsichtig auf ca. 3 Mio. Euro.
Zudem würde bei der Variante 3b wesentlich mehr Fläche des linken Ufers in Anspruch nehmen.
Der BUND hält die geschätzten Mehrkosten und den Flächenverbrauch für die Variante 3b, die zudem ökologisch nicht so sinnvoll ist, für nicht tragbar.
Die Absenkung der Werre führt zu Gebäudeschäden
Diese Behauptung wird durch keinerlei Fakten unterstützt. Die Folgen einer Absenkung des Wasserspiegels wurden von anerkannten Gutachtern in einem hydrogeologischen Gutachten sehr sorgfältig untersucht. Zudem gilt in Deutschland der Rechtsgrundsatz des Verursacherprinzips. Das heißt, falls durch die Werreabsenkung, entgegen der Einschätzung der Gutachter, zu Gebäudeschäden käme, wäre die Stadt als Verursacher regresspflichtig.
Der BUND ist der Ansicht, dass die verständliche aber nicht begründete Angst der Hauseigentümer vor Gebäudeschäden einer ökologischen Absenkung des Werre-Wasserstands nicht entgegen stehen darf.
Die Absenkung der Werre gefährdet das Kanufahren und den Kanusport
Das ist falsch.
Alle kommerziellen Kanutour-Anbieter machen ihre Touren von der Hansabrücke nach Löhne. Auf dieser Strecke ist die Werre recht naturnah und nicht aufgestaut und daher für Kanu und Kanadiertouren wesentlich reizvoller als aktuell die Strecke oberhalb des Bergertorwehres.
Das Kanufahren wird bei einer Renaturierung der Werre auch hier attraktiver werden.
Die Absenkung führt nur zu einer minimalen Erhöhung der Fließgeschwindigkeit
Dies behauptete der Kanu-Klub in der Presse am 29.08.2017. Am 29.04. ließ der Kanuklub noch verlautbaren: "Bei gleicher Wassermenge fließt das Wasser schneller. Dann wird es beispielsweise beim Training für Kinder und Jugendliche zu anstrengend gegen die Strömung zurück zu fahren."
Tatsache ist, dass die Strömungsgeschwindigkeit der Werre mit der Absenkung deutlich zunehmen wird, was für die Renaturierung des Flusses auch maßgeblich wichtig ist. Messungen bei der Probeabsenkung haben ergeben, dass die mittlere Fließgeschwindigkeit sich an allen Messstellen merklich erhöht hatte.
Der BUND hält allerdings die Befürchtung des Kanuklubs, dass die Rückfahrten für Kinder und Jugendliche zu anstrengend würden, für unbegründet.
„Ein flacher Wasserspiegel führt zur schnelleren Erwärmung des Wassers. Das Gegenteil der Zielsetzung würde erreicht und so der Sauerstoffanteil in der Werre gesenkt“ (Jürgen Becker, Neue Westfälische 22.11.2017)
Dies ist falsch. Natürlich wird die Wassertiefe geringer. Aber gleichzeitig wird die Werre auch schmaler, dadurch nimmt die Oberfläche ab und somit auch die Einstrahlungsintensität der Sonne.
Durch die geringere Tiefe kann der Sauerstoff aus der Luft leichter bis zum Grund gelangen. Dadurch wird der Sauerstoffgehalt in bodennahen Schichten steigen. Auch die erhöhte Fließgeschwindigkeit steigert den Eintrag von Sauerstoff und verringert die Erwärmung des Wassers. Dies alles führt zu einem höheren Sauerstoffgehalt.
Wir können das Bergertorwehr so belassen, denn die Verbesserung nach der europäischen Rahmenrichtlinie muss ja erst bis 2027 geschehen
Richtig ist, dass die Renaturierung bis 2027 erfolgen muss. Es ist allerdings zu kurz gedacht, wenn man meint, man könne sich ja noch viel Zeit lassen. Solche Planungsverfahren dauern ca. 3-5 Jahre, also sind 9 Jahre bis 2027 in dieser Hinsicht kein langer Zeitraum. Zudem sind die Fördergelder des Landes begrenzt. Je später die Stadt einen Förderantrag stellt, um so geringer wird die prozentuale Förderung. Es ist jetzt schon abzusehen, dass aktuell statt der ursprünglich 80%igen Förderung nur noch 70% vom Land finanziert werden.
Der BUND ist der Meinung, die Stadt sollte nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten, sondern auch aus finanziellen Gründen den Umbau des Werre-Wehres umgehend angehen.